Faust, betrunkene Soldaten beim Osterspaziergang, Foto: Michèle Melzer
ProgrammZeitung 7-8/2015, S. 14
Habe nun, ach ...
Alexander Höhne
Am Goetheanum wird der ungekürzte ‹Faust› vorbereitet.
Es ist eines der beliebtesten Bühnenwerke im deutsch-sprachigen Raum überhaupt: Goethes Faust-Dichtung. In Dornach wurde sie weltweit erstmals 1938 in voller Länge aufgeführt. Daran anknüpfend will die Goetheanum-Bühne an Ostern 2016 das gesamte Werk, also Teil 1 und 2, erneut ungekürzt präsentieren, in rund 22 Stunden Spielzeit. Das riesige Projekt wird durch ein Sonderbudget, das sich vor allem aus Spenden speist, finanziert. Und solche sind immer noch willkommen, da die Beiträge meist in Euro erfolgen. Im ‹Faust› selbst wird ja die Schöpfung von Geld thematisiert, doch die Szene kommt erst im zweiten Teil. Den ersten Teil kann man in diesem Sommer schon mal in einer Werkstattaufführung erleben.
Natürlich wird sich bis Ostern 2016 noch manches entwickeln, denn die Mitwirkenden sind in einer fortlaufenden Auseinandersetzung mit dem Stück, dem Spielen und dem Publikum. Dennoch findet das Experimentieren vor allem auf der Bühne und mit angelegten Zügeln statt; auf schockierende Stilmittel wird verzichtet. Die Inszenierung ist zudem Teamarbeit, Regie führt der in der Region verwurzelte Christian Peter. Er hat selber schon sowohl Mephisto wie Faust gespielt und kennt auch sonst den Text praktisch auswendig. Diese Vereinigung der Gegenspieler in einer Person führt zu einer vielleicht selten anzutreffenden Nähe der Hauptfiguren. Gleichzeitig sucht die Inszenierung das Spiel mit Gegensätzen und betont überhaupt das Miteinander.
Mit Schauspiel und Eurythmie.
Einmalig an der Goetheanum-Bühne ist die Verbindung mit der Bewegungskunst Eurythmie. Die künstlerische Leitung des Eurythmie-Ensembles liegt seit einigen Jahren bei Margrethe Solstad. Zusammen mit Christian Peter verantwortet sie die Gesamtinszenierung, wobei die Anforderungen an Eurythmie und Schauspiel nicht jederzeit unter einen Hut passen. Während die Eurythmie auf eine eingespielte Bühnengruppe aufbauen kann, nutzt das Schauspiel die Frische und Dynamik eines extra zusammengerufenen Projektensembles.
Die Hauptrollen sind mit Darstellenden besetzt, die eine innere Nähe zum Goetheanum oder den Anregungen Rudolf Steiners haben (u.a. der in Basel bekannte Urs Bihler). Jetzt schon gespannt sind viele auf den Gretchen-Einsatz von Elena Conradt, der ältesten Tochter von Christian Peter. Ihr Spiel hat bereits zur Schulzeit und in andern Theaterprojekten am Goetheanum überzeugt. Zugleich unterstreicht diese Wahl einen gewissen familiären Charakter der Aufführung. Vorträge und Gespräche begleiten die Inszenierung.
Goethes ‹Faust 1›: Fr 24. bis So 26.7., Goetheanum, Dornach. Mehr Infos zum Grossprojekt: www.faust2016.ch